Dr. Wolf: Tarifpolitik, die letzten Cent für Beschäftigte herauszupressen versucht, ist nicht zukunftsfähig

STUTTGART – Die baden-württembergischen Metallarbeitgeber haben die Forderungsempfehlung der IG Metall im Land als „äußerst schwere Hypothek“ für die kommende Tarifrunde bezeichnet. „Die Forderung nach 6 Prozent mehr Geld ist völlig überzogen, und auch die alimentierte Arbeitszeitverkürzung für große Teile der Belegschaften wäre ein extremer Kostentreiber“, sagte Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, am Donnerstag in Stuttgart: „Zu teuer hat aber keine Zukunft.“

Aus Sicht der Arbeitgeber gibt es in der Metall- und Elektroindustrie (M+E) keine sachliche Begründung für eine noch höhere Forderungsempfehlung als in der vergangenen Tarifrunde 2016. Bereits diese lag mit 4,5 bis 5 Prozent zu hoch. Wolf hielt der IG Metall vor, sich nicht mehr an die eigenen, auch schon überzogenen Maßstäbe für Forderungen – Zielinflation plus Produktivitätswachstum – zu halten: „Das würde allenfalls die Hälfte der Forderung begründen.“ Für eine Umverteilung gebe es ebenfalls keinen Anlass. So hätten die baden-württembergischen M+E-Tarifbeschäftigten seit dem Jahr 2000 bei einer Tarifsteigerung von insgesamt gut 60 Prozent bereits ein Reallohnplus von mehr als 26 Prozent eingestrichen, der Durchschnittsverdienst liege mittlerweile bei mehr als 63.000 Euro. Derzeit laufe das Geschäft in der Metall- und Elektroindustrie zwar gut. Doch trotz optimaler Rahmenbedingungen sei die Durchschnittsrendite seit Jahren bei mageren drei Prozent festgetackert, sagte der Südwestmetall-Vorsitzende: „Knapp die Hälfte unserer Betriebe liegt sogar unter zwei Prozent. Wenn die IG Metall solche absurd hohen Forderungen durchsetzen will, riskiert sie, dass notwendige Zukunftsinvestitionen am Standort unterbleiben.“

Wolf kritisierte auch die Arbeitszeitvorstellungen der Gewerkschaft: „Das Thema würde viele Ansatzpunkte bieten, wie wir mit modernen Regelungen beiden Seiten den Wunsch nach mehr Flexibilität erfüllen könnten. Stattdessen will die IG Metall aber einseitige Ansprüche auf höchstem Niveau manifestieren.“ Mit ihrer Forderung nach einem Anspruch für alle Beschäftigten, ihre Arbeitszeit auf 28 Stunden pro Woche zu verkürzen, nehme die Gewerkschaft nur einen Teil der Bedürfnisse ihrer Mitglieder und der Beschäftigten auf: „Dabei zeigt ihre eigene Umfrage: Es gibt mehr Beschäftigte, die länger als 35 Stunden arbeiten wollen, als Beschäftigte, die kürzer arbeiten wollen. Das ignoriert die IG Metall aber komplett.“

Die Gewerkschaft mache auch keinerlei konstruktive Vorschläge, wie die Betriebe die Arbeitszeit, die dadurch verloren gehen würde, ohne Mehrkosten ausgleichen sollen, sagte Wolf: „Das würde unsere Unternehmen vor schier unlösbare Probleme stellen.“ Stattdessen fordere sie sogar für einen großen Teil der Beschäftigten – Eltern, Pflegende, Schichtarbeiter – auch noch einen Entgeltausgleich für die nicht geleistete Arbeit. Die Arbeitgeber hätten zwar Verständnis für die Wünsche dieser Beschäftigtengruppen nach mehr Flexibilität. Doch müssten diese Mehrkosten auf die Entgeltforderung von 6 Prozent noch obendrauf gerechnet werden. Der Südwestmetall-Vorsitzende erteilte aber der Forderung, dass die Arbeitgeber diese Kosten tragen sollen, eine klare Absage: „Das müssten dann schon alle Beschäftigten solidarisch bezahlen – und da sind wir dann auf die Reaktionen gespannt, wenn viele für wenige zahlen sollen.“

Wolf forderte die IG Metall dazu auf, ihre Vorstellungen bis zum endgültigen Beschluss auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zu reduzieren. Schon in den vergangenen Jahren sei der Standort Deutschland immer stärker unter Druck geraten, insbesondere in den einfacheren Produktionsbereichen. Immer häufiger würden Investitionsentscheidungen zugunsten ausländischer Standorte getroffen. „Und nun steht unsere Industrie vor gewaltigen Herausforderungen wie der Digitalisierung oder dem Umstieg auf eine CO2-neutrale Wirtschaft. Dafür müssen die Unternehmen Spielraum für die notwendigen Investitionen haben“, sagte Wolf: „Eine Tarifpolitik, die nun noch den letzten Cent für die Beschäftigten herauszupressen versucht, anstatt verantwortlich Vorsorge zu betreiben, ist da nicht zukunftsfähig.“

VOILA_REP_ID=C1257761:004A5185