Dr. Wolf: „Abschluss mit Licht und Schatten“

LUDWIGSBURG – Die Tarifparteien der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) haben sich am Freitag auf die Übernahme des Pilotabschlusses von Nordrhein-Westfalen für die Tarifgebiete im Land geeinigt. Vorbehaltlich der Zustimmung der erforderlichen Gremien wird der Tarifvertrag damit rückwirkend zum 1. April 2016 in Kraft gesetzt. „Es ist ein Abschluss mit Licht und Schatten“, sagte Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, im Anschluss an die Übernahmeverhandlung in Ludwigsburg.

Der Tarifabschluss Beschäftigten und Auszubildenden beinhaltet folgende Regelungen:

Tarifliche Erhöhung der Tabellenentgelte/Einmalzahlung:

  • 2,8 Prozent ab 1. Juli 2016
  • 2,0 Prozent ab 1. April 2017
  • Für die ersten drei Monate (April-Juni 2016) ein einmaliger Betrag von 150 Euro für jeden Vollzeitbeschäftigten, Auszahlung im Juni

Laufzeit: Insgesamt 21 Monate vom 1. April 2016 bis zum 31. Dezember 2017

Differenzierende Wettbewerbskomponente:

  • Auf Antrag des Arbeitgebers kann die pauschale Einmalzahlung 2016 mit Zustimmung der IG Metall nach hinten verschoben, reduziert  oder komplett gestrichen werden.
  • Die zweite Stufe der Tabellenerhöhung kann ebenfalls mit Zustimmung der IG Metall um bis zu drei Monate nach hinten verschoben werden.

Weitere Regelungen:

Die übliche 4-wöchige Friedenspflicht, die in diesem Fall normalerweise am 28. Januar 2018 auslaufen würde, wird gestrichen. Die übrigen Fristen (Forderung, erste Verhandlung) werden entsprechend nach vorne geschoben.

Der Südwestmetall-Vorsitzende Wolf bezeichnete den Tarifabschluss als schwierigen Kompromiss: „Wir haben im Vergleich zu den letzten Jahren eine Lösung angestrebt, die die Betriebe weniger belastet und ihnen mehr Planungssicherheit durch eine längere Laufzeit sowie mehr Flexibilität gibt. Das ist uns grundsätzlich gelungen.“ Andererseits bedeute der Abschluss in der Summe jedoch auch eine Gesamterhöhung der Tabellenentgelte, der viele Betriebe an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bringe. „Der Druck vor allem auf einfachere Arbeit am Standort Deutschland aufgrund hoher Arbeitskosten wird sich durch diesen Abschluss nicht verringern“, sagte Wolf.

Der Tarifabschluss bedeute für die Beschäftigten erneut ein kräftiges reales Plus im Geldbeutel und werde die Durchschnittsverdienste in der baden-württembergischen M+E-Industrie von derzeit 61.000 Euro im Jahr noch einmal um rund 3.000 Euro anheben. „Das Geld müssen unsere Betriebe aber erst einmal verdienen“, sagte Wolf. Positiv sei dabei, dass die tatsächliche Kostenbelastung der Betriebe in diesem Jahr deutlich unter der des Vorjahres gehalten werden konnte. Auch sei es gelungen, nach mehreren Jahren wieder einmal eine Differenzierungsmöglichkeit für die Betriebe zu vereinbaren, denen es nicht so gut gehe: „Das kann solche Betriebe in der Laufzeit des Tarifvertrags um gut zehn Prozent der zusätzlichen Kosten entlasten. Jetzt müssen alle Beteiligten ihren Willen zeigen, dieses Modell zu einem Erfolg zu führen, der hilft, den Flächentarif zu stabilisieren.“

Kritisch bewerten die baden-württembergischen Metallarbeitgeber die Gesamterhöhung der Tabellenentgelte innerhalb der Laufzeit des Tarifvertrags. „Angesichts der eher spärlichen Produktivitätszuwächse, die wir auch in unserer Industrie beobachten, wird dies den weiteren Anstieg der Lohnstückkosten kaum dämpfen können, was natürlich Druck auf unsere Wettbewerbsfähigkeit ausüben wird“, sagte Wolf. Ob dieser Abschluss dazu beitrage, den Flächentarif wieder zu stärken, werde die weitere Entwicklung zeigen: „Wir können noch nicht von einer Trendwende sprechen. Wir werden unseren Tarifpartner IG Metall daher künftig noch stärker zu einer Tarifpolitik auffordern, die sich an der Realität orientiert und den Erhalt von Beschäftigung am Standort Deutschland in den Blick nimmt.“

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