Dick: „Landesregierung muss Bildungsplanreform schnell und gut auf den Weg bringen“

STUTTGART - Die Arbeitslosenzahlen sind im Mai in Baden-Württemberg wie erwartet weiter gesunken. Nach Auffassung des Arbeitgeberverbands Südwestmetall wäre es allerdings ein schwerer Fehler, sich nun entspannt zurückzulehnen. „Mit dem Absinken der Arbeitslosenquote in die Nähe von Vollbeschäftigung rückt das Problem des Fachkräftemangels weiter in den Vordergrund“, sagte Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick. „Die Arbeitskräftelücke in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) ist in den vergangenen Monaten wieder deutlich gewachsen."

Dieser Entwicklung müsse dringend entgegengewirkt werden, erklärte Dick. „So müssen beispielsweise Schülerinnen und Schüler wieder verstärkt für MINT-Themen begeistert werden. Die Landesregierung muss deshalb die Bildungsplanreform im Bereich ‚Wirtschaft und Berufsorientierung‘ und ‚Informationstechnischer Grundbildung‘ schnell und gut auf den Weg bringen“, forderte er. Südwestmetall ist seit Jahren mit zahlreichen Projekten zur Berufsorientierung und MINT-Förderung an den Schulen sowie in der Lehrerfortbildung aktiv.

Der Erfolg des Industrie- und Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg hänge gerade auch in der Zukunft entscheidend davon ab, ob qualifizierte MINT-Fachkräfte verfügbar sind, betonte Dick. „Wenn die Betriebe nicht mehr genügend Fachkräfte finden, drohen mittelfristig immer mehr Tätigkeiten und Wertschöpfung aus Baden-Württemberg abzuwandern“, warnte er. Laut einer an diesem Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) gab es in Baden-Württemberg im April im MINT-Bereich rund 65.000 offene Stellen bei gleichzeitig nur 27.774 Arbeitslosen in diesem Segment.

Der jährliche Ersatzbedarf an MINT-Fachkräften wird in Deutschland nach IW-Berechnungen von aktuell rund 245.300 auf rund 268.900 ab dem Jahr 2019 und rund 292.000 ab dem Jahr 2024 steigen. Dem steht ein jährliches Angebot von Fachkräften gegenüber, das von derzeit rund 162.000 auf gut 143.000 in den kommenden zehn Jahren zurückgehen dürfte.

In den vergangenen Jahren hat laut der IW-Studie neben der größeren Zahl älterer Mitarbeiter vor allem die Zuwanderung für Beschäftigungsdynamik in den MINT-Berufen gesorgt. Eine gezielte Zuwanderungspolitik und eine gut organisierte Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen bleibt deshalb nach Auffassung von Südwestmetall ein wichtiges Element, um die Fachkräftelücke zu schließen. Gleichzeitig gilt es, möglichst viele der nach Deutschland gekommenen jüngeren Flüchtlinge für MINT-Berufe zu interessieren und dementsprechend zu qualifizieren. Südwestmetall beteiligt sich hier mit dem Projekt der Integrationslotsen, die bei der Vermittlung von Flüchtlingen in Praktika, Ausbildungsstellen und Arbeitsplätze als Schnittstelle zwischen Arbeitsagenturen, Jobcentern und Unternehmen fungieren.

Auch eine effektive und zielgerichtete Weiterbildung und Qualifizierung einschließlich des Angebots von Nach- und Teilqualifizierungen für An- und Ungelernte kann ein Teil der Lösung sein. Südwestmetall unterstützt daher die Arbeitgeberinitiative „Eine TQ besser“ (TQ steht für Teilqualifizierung) und bietet mit dem Konzept der modularen abschlussorientierten Berufsqualifizierung eine Sozialpartnerlösung zur Nachqualifizierung von An- und Ungelernten.

Gleichzeitig bedarf es weiterer Anstrengungen, um mehr Frauen für Berufe und Studiengänge im MINT-Bereich zu interessieren. Ein weiterer Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten würde es beiden Elternteilen erlauben, verstärkt in Vollzeit zu arbeiten.

Des Weiteren dürfen Maßnahmen, die erst in der langen Frist zur Fachkräftesicherung beitragen, nicht außer Acht gelassen werden. Insbesondere Verbesserungen im Bildungs- und Ausbildungssystem oder bei der Gesundheitserhaltung und -förderung können erst mit einem zeitlichen Verzug ihre Wirkung entfalten.

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