Konjunktur Metall- und Elektroindustrie

Rund eineinhalb Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs bleibt die wirtschaftliche Lage der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) von großen Unsicherheiten geprägt. Aktuell bereiten insbesondere die schwachen Auftragseingänge Sorgen. Die erhoffte Trendwende lässt auf sich warten. Mittlerweile befindet sich die Gesamtwirtschaft in einer technischen Rezession.

Auftragseingänge

Nach deutlichen Rückgängen seit Ende 2022 verbuchten die M+E-Firmen in Baden-Württemberg im Juni nunmehr den achten Monat in Folge bei den Auftragseingängen ein kräftiges Minus (-6,1 Prozent) gegenüber dem Vorjahresmonat. Dabei verzeichneten fast alle Branchen ein Minus bei den Bestellungen. Den stärksten Einbruch hatte mit -20,3 Prozent der Maschinenbau zu verzeichnen, gefolgt vom Fahrzeugbau mit -15,6 Prozent. Lediglich die Metallverarbeitung lag im Mai kräftig im Plus (+53,5 Prozent), was auf Sondereffekte (einzelne Großaufträge) zurückzuführen sein dürfte. Seit Jahresbeginn steht für die gesamte M+E-Industrie nunmehr ein Minus von 11,9 Prozent in den Büchern. Dabei verbuchten sowohl die Elektrotechnik, als auch der Maschinen- und der Fahrzeugbau zweistellige Rückgänge. Allmählich beginnt auch der hohe Auftragsbestand, der lange bei einer Reichweite von sechs Monaten lag, abzuschmelzen (im Juli 5,4 Monate).

Produktion

Nach wie vor fährt die M+E-Produktion im Land dem Vorkrisenniveau von 2018 hinterher. Aktuell ist gerade einmal wieder das Niveau des Jahres 2015 erreicht. Seit Jahresbeginn zeigt der Trend noch leicht nach oben. Im Juni wurde 4,5 Prozent mehr produziert als im Vorjahresmonat. Vor allem die Elektrotechnik und der Fahrzeugbau konnten überdurchschnittlich zulegen. Gegenläufig verlief die Entwicklung nur in der Metallverarbeitung. Zu den Spitzenwerten des Vorkrisenjahres 2018 fehlt der gesamten M+E-Industrie damit immer noch ein ganzes Stück. Ob und wann der Gesamtrückgang aufgeholt werden kann, bleibt angesichts der schwächelnden Auftragseingänge ungewiss. Vor allem aber liegt die Produktionsentwicklung der deutschen und der baden-württembergischen M+E-Industrie seit Beginn der Rezession 2019 deutlich hinter der weltweiten Industrieproduktion zurück.

Beschäftigung

Seit Mitte 2019 war bei den Beschäftigtenzahlen in der M+E-Industrie landes- und bundesweit ein Abwärtstrend zu beobachten, der sich mit dem Beginn der Corona-Pandemie verstärkte. Nach einem Jahr der Stagnation ist jedoch seit gut eineinhalb Jahren wieder ein leichter Aufwärtstrend zu beobachten. Der Juni schloss mit einem Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr ab. Seit dem Höchststand Mitte 2019 sind im Land 29.200 M+E-Jobs verloren gegangen, was einem Rückgang von weniger als drei Prozent entspricht. Für die kommenden Monate rechnen die M+E-Unternehmen bundesweit im Saldo mittlerweile mit einer leicht rückläufigen Beschäftigung. 

Kurzarbeit

Kurzarbeit spielt in der M+E-Industrie trotz der wirtschaftlich schwierigen Umstände aktuell noch immer eine geringere Rolle. Allerdings hat sich im 2. Quartal der Anteil der Firmen, die in den nächsten drei Monaten mit Kurzarbeit planen, gegenüber dem Vorquartal auf 14 Prozent verdoppelt. Im April (aktuellste verfügbare Daten) waren nach Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit deutschlandweit mit 61.300 lediglich gut 1,5 Prozent aller M+E-Beschäftigten in Kurzarbeit – weniger als zum Jahresende. Zum Vergleich: Im Spitzenmonat Mai 2020 (Lockdown) waren mehr als 1,5 Millionen M+E-Beschäftigte in Kurzarbeit. Allerdings liegt das aktuelle Niveau weiterhin etwas über dem durchschnittlichen Stand der Jahre vor Ausbruch der Pandemie (2011-19). Bei den Anzeigen zur Kurzarbeit zeigt sich noch wenig Bewegung. 

Ertragslage

Die Erträge der Firmen sind im vergangenen Jahr durch die stark gestiegenen Preise für Rohstoffe, Vorprodukte und Energie weniger unter Druck geraten, als zunächst angenommen. Das zeigen auch die aktuellsten Daten der ifo-Renditeschätzung vom Mai 2023. Demnach ist sich der Anteil der Unternehmen, die 2022 rote Zahlen oder eine „schwarze Null“ (weniger als zwei Prozent Nettoumsatzrendite) geschrieben haben, mit 34 Prozent gegenüber dem Vorjahr gleichgeblieben. Bei der vorherigen Abfrage im September 2022 hatten noch 41 Prozent der Unternehmen erwartet, in diesem kritischen Bereich zu landen. Für 2021 geht Gesamtmetall von einer umsatzgewichteten Durchschnittsrendite auf 2,5 Prozent aus. Im langjährigen Mittel liegt dieser Wert bei etwa drei Prozent. Allerdings handelt es sich dabei um vorläufige Werte auf Basis von Schätzungen, die in der Vergangenheit mit den endgültigen amtlichen Bundesbank-Zahlen immer wieder – teils deutlich – nach unten korrigiert wurden.

Prognosen: Geschäftslage, Personal, Produktion, Export

Die Lage trübt sich ein, die Aussichten werden immer schlechter: So beurteilten die vom ifo-Institut befragten M+E-Firmen in Deutschland im Juli ihre wirtschaftliche Situation. Zwar wird die aktuelle Lage im Saldo weiterhin noch positiv eingeschätzt, aber der Abwärtstrend wird erkennbar. Die Aussichten für das nächste halbe Jahr rutschten im Saldo indessen noch deutlicher ins Minus. Auch die kurzfristigeren Export- und Produktionserwartungen (nächste drei Monate) zeigten im Juli weiter einen Abwärtstrend und liegen beide im Saldo im Minus.

Stand August 2023

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