#ShowMEyourdesk mit Raymond Engelbrecht

„Wenn Sie mit dem Fahrstuhl fahren, nutzen Sie ein Produkt von uns. Wenn Sie durch eine Schranke fahren, ebenfalls. Auch wenn Sie in Ihr Auto steigen. Und wenn Sie zu Hause den Kühlschrank aufmachen, sind wir auch dabei.“ Wir werfen mit ebm-papst-Chef Raymond Engelbrecht einen Blick hinter die Kulissen eines Hidden Champions unseres tagtäglichen Lebens.

1. Mit welchen Sätzen würde man Sie bei Anne Will vorstellen?

Ein breitaufgestellter Manager mit einem ungewöhnlichen Lebenslauf, der das Thema Führung als wichtigsten Faktor für den Unternehmenserfolg und den Spaß an der Arbeit sieht.

2. Welche morgendlichen Rituale haben Sie?

Bevor ich meinen knapp einstündigen Weg zur Arbeit antrete, lese ich die Tageszeitung und Spiegel online – wenn die Zeit reicht auch noch das Handelsblatt online. Dazu gibt es eine Tasse Kaffee und ein Glas Saft und einen Grießpudding. Mehr geht nicht. Morgens brauche ich immer ein bisschen Anlauf. Ich gehöre also definitiv nicht zu den Leuten, die morgens Sport machen! Dafür wäre ich noch viel zu müde.

3. Was ist Ihr wichtigstes Arbeitsinstrument und warum?

Mein iPhone. Ich habe noch das 6er. Ich bin da ganz bescheiden. Wichtig ist für mich, dass es funktioniert. Es ist Tag und Nacht bei mir und ich bin eigentlich immer erreichbar, auch am Wochenende oder im Urlaub, was völlig okay für mich ist. Das Gute am Smartphone ist ja, dass man zum einen immer alle Informationen dabei hat. Und auch ganz wichtig: die Terminplanung ist jederzeit abrufbar. Wenn ich das Ding also einmal nicht dabei habe, bin ich dementsprechend etwas verloren.

4. Auf welche Entscheidung sind Sie besonders stolz?

Im persönlichen Bereich war die wichtigste Entscheidung, meine Frau zu heiraten und mit ihr 3 Kinder zu haben. Und dass wir nach einigen Jahren in Hamburg und New York wieder nach Süddeutschland zurückgekommen sind. Im beruflichen Umfeld glaube ich nicht, dass es die eine Entscheidung gibt, die über Wohl und Weh eines Unternehmens entscheidet. Das ist ein bisschen das Bild des heroischen Managements, was in der Vergangenheit gerne so kolportiert wurde. Letztendlich ist es so: Sie haben eine Strategie, sie leiten daraus bestimmte Maßnahmen ab und dann müssen sie immer wieder Entscheidungen treffen – die dann hoffentlich zum richtigen Ergebnis führen.

5. Was würde der Welt fehlen, gäbe es Ihr Unternehmen nicht?

Ihr würde der weltweite Innovationsführer bei Ventilatoren und Motoren mit über 20.000 unterschiedlichen Produkten fehlen. Oder um ein paar Beispiele aus jedermanns Alltag zu nennen: Wenn Sie mit dem Fahrstuhl fahren, nutzen Sie ein Produkt von uns. Wenn Sie durch eine Schranke fahren, ebenfalls. Auch wenn Sie in Ihr Auto steigen. Und wenn Sie zu Hause den Kühlschrank aufmachen, sind wir auch dabei. Dabei arbeiten unsere Produkte am liebsten still und leise und zuverlässig, so dass man sie in der Regel nicht wahrnimmt.

6. Welche sind die zwei größten Bedrohungen Ihres Geschäftsmodells und warum?

Ich würde zwei Themen nennen, diese jedoch nicht als Bedrohungen, sondern als Herausforderungen bezeichnen: die Digitalisierung und die E-Mobilität. Für uns ist E-Mobilität eine Chance, da wir hier sehr gut aufgestellt sind. Zudem denke ich, dass es nicht sofort zur kompletten Elektrifizierung des Automobilbereichs kommen wird. Alternative Modelle werden daher eine wichtige Rolle spielen und dort können viele unserer bisherigen Applikationen zum Einsatz kommen.

Daneben empfinde ich die Digitalisierung als spannend, weil sie meiner Meinung nach zu einer tiefgreifenden Veränderung in den Branchen und Märkten führen wird. Denn plötzlich kommen Akteure ins Spiel, die man vor wenigen Jahren noch gar nicht kannte und die bestimmte Bereiche nun dominieren. Die mit diesem Faktum verbundene Nervosität spüren sie überall. Start-Ups werden reihenweise aufgekauft, weil sich plötzlich jeder Sorgen um sein bestehendes Geschäftsmodell macht. Ich persönlich halte es auch für wichtig und richtig von außen Know-how und frische Ideen reinzubringen, weil man als Industrieunternehmen immer Gefahr läuft zu verkrusten. Allerdings arbeiten wir nicht nur mit gründerartigen Institutionen zusammen, sondern haben auch etablierte Unternehmen als Kooperationspartner.

7. Wer ist Ihr unternehmerisches Vorbild und was haben Sie von ihm gelernt?

Ich glaube das Bild von dem großen Unternehmer, der alles weiß, alles ganz toll macht und zu dem man nur staunend aufblicken kann, ist ein bisschen überholt. Natürlich gibt es sehr beeindruckende Unternehmerpersönlichkeiten. Ich denke hier nur an Amazon oder Apple. Die Herren hatten und haben unglaubliche Erfolge erzeugt – aber teilweise auch einen wahnsinnigen Scherbenhaufen hinterlassen und sind bzw. waren, glaubt man der Berichterstattung, nicht die angenehmsten Zeitgenossen. Deshalb muss man das schon sehr differenziert betrachten was man von den sogenannten Vorbildern übernimmt und sollte am besten seine eigene Linie finden.

8. Haben Sie ein Lieblingszitat?

„Alle kochen mit Wasser. Das Problem ist nur, dass es bei den meisten nicht mal lauwarm ist.“ Von wem dieses Zitat stammt, kann ich Ihnen leider nicht sagen. Das habe ich gehört, als ich nach dem Studium ein Praktikum gemacht habe, bei der Firma Ernst&Young. Und es passt tatsächlich zu der Erfahrung, die ich in meiner beruflichen Laufbahn gemacht habe: Keiner hat das Geheimrezept, keiner weiß irgendetwas unendlich besser als alle anderen. Am Ende haben alle ähnliche Voraussetzungen. Die Herausforderung für jeden einzelnen besteht darin sicherzustellen, dass das Wasser irgendwann kocht.

9. Was schätzen Sie als Unternehmer am Standort Baden-Württemberg?

Ganz persönlich: Wir haben drei Jahre lang außerhalb von New York gelebt. Wir hatten die Stadt, aber auch das Meer in der Nähe, im Winter konnten wie Ski fahren, die Sommer waren heiß. Trotzdem möchte ich aus dem Badischen oder aus dem Schwarzwald nicht mehr weg. Auch weil ich die Menschen sehr mag. Ich habe mit anderen Kulturen zusammengearbeitet und empfinde das, was speziell in Baden-Württemberg geboten wird, schon als besondere Mischung. Das findet man auf der Welt nicht so oft. Die Menschen hier sind in der Lage, Dinge zum Laufen zu bringen, wenn es darauf ankommt.

Und das ist wichtig. Denn das, was wir haben, wollen andere auch. Das versteht nicht immer jeder gleichermaßen und ich kann nachvollziehen, wenn der eine oder andere Mitarbeiter gerne nach sieben Stunden nach Hause geht und sich keine Gedanken mehr machen möchte über das, was ansonsten so in der Firma abläuft. Aber es gibt so viele Beispiele – denken Sie nur an Nokia – wie schnell man als Firma verschwinden kann, wenn man nicht achtsam ist.

10. Bitte vervollständigen Sie! Digitalisierung ist für mich…

…bei weitem noch nicht so weit gediehen, wie es oftmals dargestellt wird. Viele reden davon, aber so richtig gemacht haben es bisher wenige. Viele Firmen haben heute beispielsweise immer noch Probleme mit SAP und vergleichbaren Systemen: Stammdaten stimmen nicht, Prozesse werden nicht richtig abgebildet oder irgendwelche andere Probleme treten auf. Die Digitalisierung erfordert jedoch all das noch auf einem viel höheren Niveau. Digitalisierung heißt auch: man muss sich mit Datenstrukturen auseinandersetzen. Wenn ich Uniabsolventen frage, ob sie sich mit Datenbankmanagement beschäftigt haben und ob jemand Access kann, bekomme ich von 90 Prozent keine positive Antwort.

Das Thema Digitalisierung ist aktuell längst nicht so in der Realität verankert, wie es teilweise dargestellt wird. Klar ist aber auch, dass sich die Berufsbilder auf lange Sicht verändern werden. Da muss sich jeder nochmal bewusst machen: Was ist meine Rolle, was tue ich hier, und was kann ich auch in fünf oder zehn Jahren noch tun?

Zur Person:

Anfang des Jahres rückte Raymond Engelbrecht und bis dahin stellvertretende Geschäftsführer sowie Geschäftsbereichsleiter Produktion und kaufmännischer Leiter CFO ganz nach oben. Die Geschäftsführung wird und möchte er demnächst mit einem Techniker teilen. Engelbrecht ist dafür bekannt seinen Mitarbeitern ein hohes Maß an Vertrauen entgegen zu bringen. Seine Aufgabe besteht nach eigenen Angaben darin, den strategischen Rahmen abzustecken, daraus Ziele und Projekte abzuleiten und dann wieder aktiv zu werden, wenn Mitarbeiter nicht weiterkommen oder eine Lösung auf höherer Ebene notwendig wird.

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