Interview Wilfried Porth/Südwestmetall mit der M+E Zeitung

Wilfried Porth ist Personalvorstand und Arbeitsdirektor bei Daimler. Seit dem 27. November 2020 ist er Vorsitzender von Südwestmetall.

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Der Südwestmetall-Vorsitzende Wilfried Porth

Diese Tarifrunde wird beherrscht von gleich mehreren großen Herausforderungen, denen die Metall- und Elektro-Industrie gegenübersteht. Worauf kommt es jetzt an?

Unsere Industrie ist, wie auch unsere Gesellschaft insgesamt, im Umbruch und steht vor großen Veränderungen. Dazu kamen in 2019 eine Rezession und in 2020 die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Das alles müssen wir bewältigen. Wir brauchen auch in Zukunft attraktive Arbeitsplätze in der Metall- und Elektro-Industrie. Und dafür müssen wir den Standort Deutschland für die Unternehmen wieder attraktiver machen, damit Innovationen und Produkte von morgen auch hier entstehen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von Arbeitgebern, Beschäftigten und Gewerkschaften.


Die wirtschaftliche Lage in der M+E-Industrie ist sehr angespannt. Was muss jetzt getan werden?

Oberstes Ziel der Unternehmen ist es, ihre Beschäftigten zu halten. Entlassungen gab es trotz der schwierigen Lage relativ wenige. Stattdessen haben viele M+E-Unternehmen auf Kurzarbeit gesetzt. Knapp ein Fünftel aller M+E-Beschäftigten ist aktuell noch in Kurzarbeit. Das zeigt eindrucksvoll, dass die Unternehmen ihre Beschäftigten so lange wie möglich an Bord halten wollen. Aber: Die Unternehmen dürfen in dieser wirklich angespannten Situation nicht überfordert werden. Die Tarifpolitik darf nicht nur in guten Zeiten die Lage widerspiegeln, sondern muss das auch in schlechten Zeiten tun.


Was heißt das für die Tarifrunde?

Wir brauchen realistische Erwartungen – auf beiden Seiten. Die M+E-Produktion wird 2020 um rund 17 Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegen. Das bedeutet dramatische Umsatzeinbußen für viele Unternehmen. Es gibt mindestens im kommenden Jahr keinen Verteilungsspielraum. Zudem brauchen wir tarifliche Lösungen, um der unterschiedlichen Lage der Unternehmen gerecht zu werden – automatisch, nach klar definierten, objektiven Kriterien. book.

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