Eine Besonderheit des deutschen Rechtssystems ermöglicht es, dass Arbeitsbedingungen branchenspezifisch im Rahmen von sog. Tarifverträgen geregelt werden. Tarifverträge werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften abgeschlossen. Sie gelten im Arbeitsverhältnis dann, wenn der Arbeitgeber Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist und der Beschäftigte Mitglied derjenigen Gewerkschaft, die mit diesem Arbeitgeberverband Tarifverträge abgeschlossen hat. In der Praxis werden geltende Tarifverträge häufig aber nicht nur gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern angewandt, sondern Arbeitgeber und Beschäftigte vereinbaren ihre Geltung im Arbeitsvertrag unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit.
Gerade in der Metall- und Elektroindustrie hat sich das System, die Arbeitsbedingungen der Branche durch Tarifverträge zu regeln, seit Jahrzehnten etabliert.
Einige Arbeitgeber kritisieren die Tarifbindung heutzutage v.a. deswegen, weil das tarifliche Kostenniveau sehr hoch ist. Dies ist auf die Durchsetzungskraft der in der Metall- und Elektroindustrie zuständige Gewerkschaft IG Metall zurückzuführen. Insbesondere bei guter Konjunkturlage sind Arbeitgeber heutzutage durch Streiks, mittels derer neue Tarifverträge durchgesetzt werden können, leicht verwundbar. In solchen Phasen konnte die IG Metall in der Vergangenheit immer wieder hohe Lohnabschlüsse durchsetzen, die zum heutigen hohen Entgeltniveau geführt haben. Ein weiterer Kritikpunkt ist die unbestreitbar hohe Komplexität der Tarifverträge. Hier den Überblick zu behalten, ist für Personalverantwortliche nicht leicht.
Andererseits bringt die Tarifbindung aber auch Vorteile mit sich:
An erster Stelle ist zu benennen, dass der tarifgebundene Arbeitgeber viele Punkte nicht im Detail mit dem Betriebsrat und/oder den Beschäftigten aushandeln muss, weil eben schon ein entsprechender tariflicher Rahmen besteht. Und da, wo ein solcher Rahmen besteht, ist dieser bindend. Auch die Gewerkschaft selbst kann während laufender Tarifverträge keine Nachforderungen stellen. Diese sog. Friedenspflicht sorgt also dafür, dass bei tarifgebundenen Arbeitgebern lange Phasen ohne Arbeitskämpfe sichergestellt sind und dadurch auch weniger betriebliche Konflikte auftreten. Zum anderen setzen die Tarifverträge oftmals den „Benchmark“ in der Branche. Eine Tarifbindung kann also auch dazu beitragen, im Wettbewerb um geeignete Fachkräfte konkurrenzfähige Bedingungen zu bieten. Nicht zuletzt bieten die Tarifverträge an vielen Stellen sehr gute Möglichkeiten für den Arbeitgeber, Arbeit bedarfsgerecht abzurufen und dadurch eine im internationalen Vergleich sehr hohe Produktivität zu erzielen. Denn gerade im Bereich der Arbeitszeitregelungen bietet der Tarifvertrag ein breites Feld an Möglichkeiten, die Arbeit passgenau zu organisieren.
Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick über die wichtigsten in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie geltenden tariflichen Regelungen. Die angegebenen Entgeltwerte entsprechen den ab 1. April 2025 gültigen Werten.