Bewertung des Tarifabschlusses 2018

Ausgangslage: Forderungen und Verhandlungsziele

Die IG Metall war mit dem Ziel in die Tarifrunde gezogen, neben einer kräftigen Entgelterhöhung – 6 % für zwölf Monate – auch mehr „Zeitsouveränität“ für die Beschäftigten zu erkämpfen. Neben einem Anspruch auf eine verkürzte Vollzeit forderte sie dabei auch einen Zuschuss für bestimmte Beschäftigtengruppen, die ihre Arbeitszeit reduzieren.

Verhandlungsziel von Südwestmetall war es, erst eine Öffnung des Arbeitszeitvolumens zu erreichen, ehe man über mehr Möglichkeiten, die Arbeitszeit abzusenken, spricht – wobei auch hier betriebliche Belange berücksichtigt werden müssen. Den Lohnzuschlag bei verkürzter Arbeitszeit lehnte Südwestmetall als diskriminierend und rechtswidrig ab.

Das Ergebnis: Der Tarifabschluss

Insgesamt ist der Tarifabschluss in Bezug auf die Arbeitszeitthemen ein ausgewogener Kompromiss und der Übergang in eine innovative Arbeitszeitwelt. Auf der einen Seite bietet er Beschäftigten mehr Flexibilität, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder aufzustocken (zwischen 28 und 40 Stunden) – und so besser an private Bedürfnisse anzupassen. Auf der anderen Seite sorgt er dafür, dass die Betriebe ein ausreichendes Arbeitsvolumen erhalten.

Schmerzhaft ist der Entgeltabschluss. Für die Mitarbeiter in der M+E-Industrie bedeutet der Abschluss ein deutliches reales Lohnplus bis März 2020. Für die Betriebe ist die dadurch entstehende Kostenbelastung aber eine Hypothek. Sie wird die durch die lange Laufzeit und die Planungssicherheit nur teilweise aufgefangen. Der dauerhafte Differenzierungsbaustein ab 2019 kann aber Betrieben helfen, die Belastung zu verringern, wenn die wirtschaftliche Lage dies erforderlich macht.

Verhandlungsziele erreicht

Die wesentlichen Verhandlungsziele der Arbeitgeber wurden in den Arbeitszeitfragen erreicht. Verschiedene neue Regelungen sorgen dafür, dass die Betriebe mehr Arbeitsvolumen bekommen können – ohne die 35-Stunden-Woche und die 18-Prozent-Quote möglicher 40-Stunden-Verträge formal anzutasten.

Im Gegenzug haben die Arbeitgeber einen Anspruch auf eine vorübergehende Arbeitszeitreduzierung für alle Beschäftigten akzeptiert – auch, da sich ein Anspruch auf eine befristete Teilzeit ohnehin auf gesetzlicher Ebene abzeichnet. Außerdem konnte ein wirksamer Überlastungsschutz vereinbart werden.

Verhindert wurde der umstrittene Lohnzuschlag für bestimmte Beschäftigtengruppen, die kürzer arbeiten wollen. Er hätte das Modell der verkürzten Vollzeit sehr attraktiv gemacht. Die nun alternativ vereinbarte Wahloption „Geld oder Zeit“ kann zwar ebenfalls das Arbeitsvolumen verringern. Allerdings stehen die Anträge immer unter dem Vorbehalt, dass sie betrieblich umsetzbar sind.

Evaluation

Das neue Tarifsystem ist zumindest dem Text nach vernünftig ausbalanciert. Allerdings wird erst die Praxis zeigen, wie effektiv diese neuen Arbeitszeitregelungen greifen, wie gut betriebliche Belange und die persönlichen Wünsche der Beschäftigten unter einen Hut gebracht werden können.

Deshalb haben die Tarifparteien vereinbart, die neuen Regelungen in den ersten beiden Jahren zu evaluieren und dann gegebenenfalls über Anpassungen und Änderungen zu sprechen.

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