#ShowMEyourdesk mit Frank Gerlach

Frank Gerlach leitet eine von 36 deutschlandweiten Siemens Niederlassungen. Im mittelständisch geprägten Freiburg sollte man jedoch „nicht den Großkonzern raushängen lassen“. Für Gerlach kein Problem, denn er hat eh andere Prioritäten: zum Beispiel den respektvollen Umgang mit seinen 200 Mitarbeitern und Kollegen und „Ingenuity for life“.

1. Mit welchen zwei Sätzen würde man Sie bei Anne Will vorstellen?

Frank Gerlach ist ein Siemens-Manager, der sich treu geblieben ist und den respektvollen Umgang mit Mitarbeitern und Kollegen in den Vordergrund stellt. Kurzum: ein Manager, der auf dem Boden geblieben ist.

Das hat mich, davon bin ich überzeugt, erfolgreich gemacht – trotz nicht vorhandener Karriereschritte ins Ausland. Am Ende zählt immer fleißige Arbeit und Menschlichkeit. Negativbeispiele sind für mich Menschen, die ihre persönliche Struktur verlassen, um einer Machtposition gerecht zu werden.

2. Welche morgendlichen Rituale haben Sie?

Wenn der Wecker klingelt, wird dreimal die Schlummerfunktion aktiviert. Ich brauche einfach ein bisschen bis ich wach bin. Dann werden die zwei Katzen gefüttert, dann Kaffee, ein kleines Müsli – ich bin kein großer Frühstücker – und die badische Zeitung auf dem MacBook oder iPad. Außerdem genieße ich es, Zeit mit meinen beiden Töchtern zu verbringen bevor deren Alltag beginnt.

3. Was ist Ihr wichtigstes Arbeitsinstrument und warum?

Geschäftlich ist es mein Notebook und – vor allem wenn ich unterwegs bin – mein iPad. Außerdem mein Smartphone, wobei mir das private wichtiger ist, als das berufliche. Ich habe zwar meine geschäftlichen Termine auch auf meinem privaten Smartphone. Aber ansonsten trenne ich Job und Privatleben. Ich verlange nicht, dass meine Mitarbeiter es genauso machen, aber ich wünsche es mir von ihnen. Ansonsten nutze ich das private Smartphone, um mit meinen Töchtern und dem Rest meiner Welt in Kontakt zu stehen. Das passiert dann meist über WhatsApp. Auf Facebook bin ich auch unterwegs, aber höchstens dreimal pro Woche. Ich mag die Plattform, weil ich dort ganz viele Menschen wieder treffe und mich vernetzen kann. Das ist schon auch meine Welt, die der Vernetzung und Digitalisierung.

4. Auf welche Entscheidung sind Sie besonders stolz?

Ich bin stolz darauf, dass ich nie den Lockrufen der großen weiten Welt gefolgt, sondern meiner Heimat und meinen privaten Interessen treu geblieben bin, meine Familie priorisiert habe. Denn ich wusste: Wenn man einmal weg geht, dann ist man weg. Es gibt keine garantierte Rückfahrkarte. Viele haben gesagt: Wenn du nicht weg gehst, wirst du nie weiter kommen. Aber das Gegenteil ist eingetreten, und das macht mich glücklich.

5. Was würde der Welt fehlen, gäbe es Ihr Unternehmen nicht?

Produkte, die mit der Zeit gehen und die Welt verändern. Wir sprechen bei Siemens von „Ingenuity for life“. „Ingenuity“ steht für Genialität und Erfindergeist. Und genau auf dieser Kombination fußt Siemens seit 1847. Die Innovationskraft war und ist bei uns unglaublich hoch, sodass ich denke: Wenn es Siemens nicht gäbe, dann würden wir heute vielleicht noch über Feuer kochen, könnten wir heute vielleicht nicht telefonieren, dann hätte die digitale Fabrik in Deutschland keine Zukunft.

Aber auch die Digitalisierung und Vernetzung, die in die Städte einzieht, wäre ohne Siemens nicht möglich – zumindest nicht so effizient. Dabei geht es um die Datenvernetzung und die physikalische Vernetzung im Sinne von Green City oder Smart Buildings.

Auch in der Medizintechnik wären wir ohne Siemens heute bei weitem nicht da, wo wir stehen: Denken Sie nur an bildgebende Geräte wie MRT oder CT. Und das Thema Energie, also die Energieerzeugung und die Energieübertragung. Das ist auch stark geprägt durch Siemens und zwar im klassischen Bereich, also fossile Kraftwerke, aber auch in Richtung regenerative Energieträger und regenerative Energieerzeugung durch Windanlagen. So tragen wir einen großen Teil zur gesellschaftlichen Entwicklung bei.

6. Welche sind die zwei größten Bedrohungen Ihres Geschäftsmodells und warum?

Die größte Bedrohung besteht darin, sich auf dem Staus quo auszuruhen. Zukunft bedeutet immer Veränderung. Wenn man sich davor verschließt, schließt man irgendwann die eigenen Türen zu. Das hat Siemens schon erlebt im Bereich der Kommunikationstechnik. Hier hat man zu lange am klassischen Portfolio festgehalten und wurde schließlich von anderen überholt. Und im Kontext der Digitalisierung gilt mehr denn je: Durch die kurzen Innovationszyklen muss man schnell sein und sich schnell anpassen, sonst bleibt man auf der Strecke.

Bedrohung Nummer 2 betrifft ein eher zwischenmenschliches Thema: die Ehrlichkeit. Wir haben ein ausgeprägtes Compliance-Programm bei Siemens und daran müssen wir uns halten. Denken Sie an die Korruptionsfälle in der Vergangenheit und daran, wie sehr diese unserem Image geschadet haben. Wir müssen zu unseren Geschäftspartnern und Kunden fair und offen bleiben. Das heißt auch: Wenn es mal nicht zum Sieg reicht, dann ist das eben so. Niederlagen gehören auch zum Geschäft. Den Erfolg abseits seines Pfades erzwingen zu wollen, ist der falsche Weg. Das bringt vielleicht ein Zwischenhoch, aber am Ende wird das nie zum Gesamterfolg führen.

7. Wer ist Ihr unternehmerisches Vorbild und was haben Sie von ihm gelernt?

Ganz klar Werner von Siemens. Er hat gezeigt, dass man mit Innovationskraft, mit Erfindergeist und mit Bodenständigkeit unglaublich viel erreichen kann. Auf seinem Vorbild basierend unterstützen wir heute auch kleine Unternehmen oder Firmengründer mit einer eigenen Organisation, die sich Next47 nennt. Siemens wurde ja 1847 gegründet und war auch einmal ein Start-up, eine Garagenbude bevor es sich zum Großkonzern entwickelt hat.

Mein zweites Vorbild ist mein direkter Vorgesetzter, Rainer Haueis. Er lebt die gleiche Überzeugung wie ich: Also nicht den kalten, verschlossenen Topmanager zu mimen, sondern Mensch zu bleiben. Er lebt mir das auf höherer Ebene vor und gibt mir Kraft und Motivation auch so zu verfahren. Denn man darf das nicht unterschätzen: Es ist immer Druck da. Es geht um große Zahlen, um Geschäftsentwicklung, um Strategie, da muss geliefert werden. Wenn man trotzdem dem Schicksal und den Problemen der Mitarbeiter Platz einräumen kann, ist das eine Menschlichkeit, die wichtig ist. Die man aber auch erst einmal lernen muss, mit den anderen Zielen zu vereinbaren.

8. Haben Sie ein Lieblingszitat?

Ja, habe ich: „Wenn du willst, dass alles so bleibt wie es ist, musst du zulassen, dass sich vieles verändert.“ Das beschreibt das vorher beschriebene Risiko sehr genau.

9. Was schätzen Sie als Unternehmer am Standort Baden-Württemberg?

Grundsätzlich bewundere ich Baden-Württemberg als Land der Erfinder. Die badische Seite schätze ich natürlich besonders – für ihre wunderschöne Landschaft, aber auch für die Art und Weise wie man miteinander umgeht. Die mittelständische Prägung spielt hier eine große Rolle.

10. Bitte vervollständigen Sie! Digitalisierung ist für mich...

...die Grundlage unserer geschäftlichen Zukunft. Aktuell beschäftigt sich jede unserer Divisionen mit der Digitalisierung. Wir haben hierzu die digitale Plattform „MindSphere‎“ etabliert, auf der sich Bereiche, aber auch Unternehmen vernetzen und an neuen zukunftsfähigen Lösungen und Geschäftsmöglichkeiten arbeiten können.

Ideen gibt es ja zuhauf: Man könnte zum Beispiel Mobilitätskonzepte miteinander verbinden. Also dass ein Bürger sagen kann: Ich möchte von A nach B – und erklärt bekommt, wo das nächste Fahrrad, das nächste E-Fahrzeug der Stadtflotte steht oder wann der nächste Bus, die nächste Bahn wo abfährt. Die notwendigen Informationen hierfür gibt es oft schon. Der springende Punkt ist die Vernetzung der Daten und der bestehenden Applikationen bzw. die Entwicklung neuer Lösungen.
Oder denken Sie an die Abfallwirtschaft: Wie wäre es, wenn ein Signal gesendet würde, dass bzw. wann Mülltonnen geleert werden müssen? Mit „MindSphere“ haben wir ein cloudbasiertes IoT-Betriebssystem geschaffen, das Unternehmen die Verbindung von physischer Infrastruktur zur digitalen Welt ermöglicht.

Privat bin ich übrigens ein absoluter Tecci. Als Familie sind wir digital vernetzt und arbeiten mit einem digitalen Kalender, sodass ich weiß, wann meine Töchter beim Zahnarzt oder in der Fahrschule sind und die wissen jederzeit wo ich bin. Ich habe auch ein Haus, an dessen Vernetzung ich immer weiter herum bastle: Seien es die Rolladen- oder Lichtsteuerung, die Musik oder die Alarmanlage oder, aktuell, die Steuerung dieser Komponenten über das Smartphone. Nur mit Siri habe ich mich noch nicht angefreundet, denn sie versteht mich oft nicht, wahrscheinlich weil ich Badener bin (lacht). Vielleicht klappt´s ja mit Alexa …

Zur Person:

Frank Gerlach ist stolzer Badener und damit auch Besitzer einer SC Freiburg-Dauerkarte. Der heute 50-Jährige ist seit 23 Jahren bei Siemens – nach einer Ausbildung zum Elektroinstallateur, dem Abi über den zweiten Bildungsweg und einem Ingenieurstudium. Er beschreibt sich selbst als heimatverbunden, bodenständig und ist seinem Arbeitgeber dankbar, dass er den rund 200 Mitarbeitende umfassenden Standort „führen, aber trotzdem ein Privatleben haben kann“. In diesem Kontext beschäftigt er sich aktuell vor allem mit den Berufs- und Studienentscheidungen seiner beiden Töchter (18 und 21 Jahre alt) – wobei er natürlich versucht „möglichst nicht zu beeinflussen“.

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