#ShowMEyourdesk mit Jörg Hoffmann

Aus dem Saarland in die weite Welt: Jörg Hoffmann startete seine Karriere in England, bevor es ihn mit Mitte zwanzig zur PMDM in den Schwarzwald verschlug, wo er die ersten Jahre seiner Tätigkeit damit verbrachte, für den Motorenentwickler Fertigungsstraßen in Thailand hoch zu ziehen. Heute pendelt er zwischen Villingen und Tokio, dem Stammsitz des Mutterkonzerns. Er verbringt die wenige freie Zeit mit seiner Familie, die ihn immer auf Trab hält. Wie Jörg Hoffmann es schafft, Welten-bummler und Familienmensch zugleich zu sein und was er vom Älter werden hält, verrät er uns im Interview.

1. Wie würden Ihre Kinder Sie vorstellen?

Unsere Kinder sind noch relativ jung. Meine Tochter Elisa ist acht und mein Sohn Henry zehn Jahre alt. Insofern würde meine Vorstellung wahrscheinlich nicht so kritisch ausfallen. Vielleicht so: „Unser Papa ist Chef von PMDM und sein Chef sitzt in Japan, wo er ganz oft hinfliegen muss. Auch wenn Papa in Deutschland ist, arbeitet er viel und lange. Aber jede freie Minute verbringt er mit uns. Unser Papa ist der Allerbeste!“ Ob sie das in ein paar Jahren während ihrer Pubertät auch so sagen? Wir werden sehen.

2. Was wollten Sie mit zehn Jahren werden und was arbeiten Sie heute?

Mit zehn Jahren wollte ich Pilot werden – und aus heutiger Sicht betrachtet bin ich das irgendwie auch. Denn ich fliege berufsbedingt beinahe so viel wie ein Mitglied des Kabinenpersonals und etwa halb so viel wie ein Pilot. Nur leider nicht im Cockpit. Als es vor mehr als 25 Jahren darum ging, mich für eine berufliche Richtung zu entscheiden, habe ich aber dann doch den Maschinenbau vorgezogen. Der Reiz war einfach größer. Heute verantworte ich als Geschäftsführer unter anderem den MinebeaMitsumi Entwicklugsstandort Precision Motors Deutsche Minebea GmbH in Villingen-Schwenningen. Mit meinem offiziellen Jobtitel innerhalb unseres Mutterkonzerns verschone ich Sie. Der passt kaum auf meine Visitenkarte.

3. Welche drei Menschen beeindrucken Sie am meisten und warum?

Ich bin extrem technik-orientiert, deshalb beeindrucken mich Menschen, die in diesem Bereich große Dinge leisten oder geleistet haben. Ich finde zum Beispiel cool, welche Maschinen Leonardo da Vinci schon vor 500 Jahren entwickelt hat. Die wurden dann Jahrhunderte später in sehr ähnlicher Technologie gebaut. Das ist sensationell.
Aus der neueren Zeit beeindruckt mich Elon Musk von Tesla. Mit seiner Vision „Elektromobilität“ und seinem unaufhaltsamen Glauben daran, hat er Unfassbares geleistet. Er hat eine der mächtigsten Industrien der Welt innerhalb kurzer Zeit zu einem Umschwung bewegt. Das wäre vor wenigen Jahren völlig undenkbar gewesen.
Last but not least beeindruckt mich meine Frau jeden Tag aufs Neue. Nicht nur, weil sie meine Frau ist. Sie hat in den letzten Jahren als Inhaberin ihre Zerspanungs-Firma mit 100 Mitarbeitern organisatorisch und technologisch weit nach vorne gebracht. Ich kann nur den Hut davor ziehen, wie sie Familie und Firma vereinbart und managt. Eine starke Frau, eine tolle Mutter und eine erfolgreiche Managerin.

4. Sind Sie eher der Bewahrer oder der Innovator, Anleger oder Sparer, der Lokalpatriot oder Weltenbummler?

Ich bin Innovator, Anleger und Weltenbummler. Ich habe zwei Reisepässe für den Fall, dass ich geschäftlich wieder weg muss, bevor mein Pass von der Visumzentrale zurück ist. Obwohl ich geschäftlich viel unterwegs bin, verbringen meine Familie und ich keinen Urlaub zu Hause. Wir lieben die asiatische Kultur und die Küche. Deshalb sind wir in der Regel zwischen Weihnachten und Neujahr dort. Im Sommer geht’s dann meistens nach Italien.
Auch im Privatleben sind Innovation und Entwicklung wichtig. Damit die Partnerschaft funktioniert, sollten sich beide zumindest ähnlich in ihrer Persönlichkeit entwickeln. Wenn sich nur einer weiterentwickelt und der andere nicht, ist das schlecht für das Privatleben.

5. Welches Thema verfolgen Sie in den Medien am intensivsten, weil es Sie persönlich beschäftigt?

Ganz klar die Dieselaffäre. Dazu gibt es viele Meinungen, die auch alle ihre Berechtigung haben. Aber die Tatsache, dass eine führende Technologie quasi über Nacht zur Hexenjagd ausgerufen wird, kann nicht nur das Ergebnis eines zufälligen Abgastests in den USA sein. Ich bin kein Fan von Verschwörungstheorien, aber ich lese viel darüber und versuche zu verstehen, was da eigentlich passiert ist und warum.

6. Stichwort New Work: Was verbinden Sie damit und was heißt das für Sie konkret?

New Work ist für mich ein „Hype-Wort“, das ich nicht sonderlich mag, ähnlich wie „Industrie 4.0“. Die eigentliche Bedeutung haben viele Menschen nicht verstanden, aber eifrig darüber geredet. Ursprünglich bedeutet New Work das zu arbeiten, was man möchte und nicht das was man muss, um Geld zu verdienen.
Aber das ist in der Realität nicht so einfach, außer uns erwartet eine Zukunft, in der alle Arbeit nur noch von Maschinen gemacht wird und unsere Kinder als YouTuber arbeiten können. Das ist übrigens momentan auch der Berufswunsch von meinem Sohn und seinen Freunden. Um New Work gebrauchsfähig zu machen, muss man die Definition etwas abschwächen, zum Beispiel „New Work bedeutet, seine Arbeit so angenehm wie möglich machen“. Dazu gehören aus meiner Sicht Dinge wie Arbeit und Familie zu vereinbaren, seine Arbeitszeiten flexibel zu gestalten und sich sinnvoll und mit Wertschätzung einzubringen. Das Thema muss stark von Arbeitgebern betrieben werden, wobei es immer ein Geben und Nehmen ist.

7. Und wird sich diese neue Arbeitswelt auf die Jobprofile auswirken?

Die Wenigsten wollen den ganzen Tag monotone Arbeiten erledigen. Deshalb glaube ich, dass immer mehr einfache Arbeiten von Maschinen übernommen werden. Die Menschen werden damit beschäftigt sein, diese zu kontrollieren oder kreative, kundenorientierte Tätigkeiten auszuüben. Das klassische „Zur Arbeit gehen“ wird unwichtiger werden. Moderne Medien und Technologien ermöglichen schon heute, viele Arbeiten orts- und zeitunabhängig auszuführen. Von wo aus jemand E-Mails schreibt, programmiert, telefoniert oder twittert, wird in Zukunft kaum von Bedeutung sein.
In vielen Kliniken gibt es bereits heute Operationsroboter mit denen Ärzte vom anderen Ende der Welt aus Patienten operieren können. Das wird in Zukunft Standard sein und sich auch auf andere Berufe ausbreiten.

8. Wo sehen Sie unsere Sozialsysteme in 10 Jahren? Welche Rolle spielen dabei die Demografie und Digitalisierung?

Die Digitalisierung wird kein Problem für die Sozialsysteme werden. Im Gegenteil: Digitalisierung ist wichtig, denn sie wird dazu beitragen, den Standort zu erhalten und weiter auszubauen.
Aber die alternde Bevölkerung und die dadurch steigenden Kosten werden die Sozialsysteme in den nächsten zehn Jahren an ihre Grenzen treiben. Es ist Fakt, dass die Renten nicht mehr ausreichen werden. Die Ratschläge, sich über Eigentum und Kapitalansparmodelle selbst abzusichern, sind prima. Aber das können sich nur solche Menschen leisten, die auch Arbeit haben. Unser Sozialsystem braucht dringend Reformen und der Sozialstaat muss finanziert werden. Das geht nur über Arbeitsplätze und solide Einkünfte. Da sind alle Unternehmer und Firmenlenker in der Pflicht.

9. Bitte vervollständigen Sie: Älter werden ist für mich…?

… ein leider unaufhaltsamer Prozess, den man zumindest heute noch akzeptieren muss. Das Älter werden hat aber auch positive Seiten: Man wird ruhiger, weiser und erfahrener. Ich finde es aber auch okay, dass die Zeit irgendwann für einen abgelaufen ist. Man kann früher oder später nicht mehr Schritt halten mit dem, was um einen herum passiert. Wenn ich mir vorstelle, wie meine Kindheit aussah und wie sie heute bei meinen Kindern aussieht – das sind Welten.

10. Was schätzen Sie am Unternehmensstandort Villingen-Schwenningen besonders?

Work-Life-Balance wird in Zukunft noch wichtiger. Unser Standort Villingen-Schwenningen hat einen großen „Life“-Wert, ähnlich wie andere Orte jenseits der Metropolen. Wenn ich sehe, wie viele Pendler Richtung Stuttgart täglich Zeit im Stau verbringen, weiß ich, wie gut wir es bei uns haben. Dazu tragen auch die Hochschulen in der Region bei. Wir arbeiten sehr gut mit ihnen zusammen und rekrutieren Fachkräfte. Die Infrastruktur mit den Flughäfen in Stuttgart und Zürich erlaubt es, unserer internationalen Ausrichtung gerecht zu werden. Kurz gesagt: In der Region lässt es sich sehr gut leben und arbeiten. Das schätze ich sehr!

Über PMDM:

Mit über 100.000 Mitarbeitern ist der japanische Mutterkonzern MinebeaMitsumi ein Global Player. Die Precision Motors Deutsche Minebea (PMDM) steuert in Villingen-Schwenningen 360 Mitarbeiter bei. Kleine Nummer? Falsch! Hier schlägt das Herzstück der Entwicklung: für bürstenlose Gleichstrom-Motoren, mit und ohne Ansteuerelektronik, Software für Anwendungen im Automotive- und Industriebereich und Festplattenspeicher für Computer, die dann in irgendeiner der vielen weltweiten Fertigungsstätten des Konzerns produziert werden.

VOILA_REP_ID=C1257761:004A5185