#ShowMEyourdesk mit Frank Andrä

Nach seinem Studium der Elektrotechnik/Elektronik in der ehemaligen DDR kam Frank Andrä nach der Wende ins Schwäbische: „Eine spannende Zeit, weil ich zum ersten Mal mit marktwirtschaftlichen Themen konfrontiert wurde – das kam zu DDR-Zeiten bekanntlich eher zu kurz“, erinnert sich der heute 56-Jährige. Genauso wie das Reisen: „Wir waren lange genug nur auf das sozialistische Ausland beschränkt, deswegen sind meine Frau und ich bis heute gerne unterwegs.“ Wobei er den Aktivurlaub vorzieht: „Ich schaffe es 2,5 Stunden am Strand zu liegen. Länger geht nicht.“

Wie würde Ihre Frau Sie vorstellen?

Sie sagt ich wäre ungeduldig, aber auch aufmerksam, entscheidungsfreudig, gesellig, kommunikativ und zielstrebig. Würde ich allem zustimmen, aber bei „kommunikativ“ ergänzen: Das hängt vom Umfeld ab. Wenn ich mich wohl fühle, bin ich kommunikativ – oder wenn es notwendig ist. Aber es gibt auch Zusammentreffen, bei denen man gleich merkt: Hier stimmt die Chemie nicht. Und dann halte ich mich lieber zurück.

Und zum Thema Ungeduld: In einem Unternehmen ist man immer auch von den Menschen abhängig, mit denen man zusammen arbeitet. Manchmal wünschte man sich, es ginge an der einen oder anderen Stelle etwas schneller, aber am Ende ist eine Kombination unterschiedlicher Tempi wertvoll: Der eine treibt an, der andere mahnt im besten Fall an den richtigen Stellen noch einmal inne zu halten und mögliche Fehlerquellen wahrzunehmen.

Was wollten Sie mit 10 Jahren werden und was arbeiten Sie heute?

Da wollte ich Elektroingenieur werden, weil man Vater Elektroingenieur war. Er hat für mich unwahrscheinlich tolle Dinge gebaut, zum Beispiel einen Morseapparat für die Kommunikation mit meinem Kumpel aus dem Nachbareingang oder einen umgebauten Tretroller für den bequemen Transport meines Akkordeons zur samstäglichen Orchesterprobe. Für letzteres wurde ich von meinen Musikerkollegen beneidet, schließlich war das quasi der Vorläufer der heutigen Scooter. Das habe ich sehr bewundert und dem wollte ich nacheifern.

Welche drei Menschen beeindrucken Sie und warum?

Als erstes ein Klassiker: Albert Schweizer. Der hatte nicht nur sehr viele Talente, sondern stellte diese auch noch in den Dienst unterprivilegierter Menschen in Afrika. Bis zu seinem Lebensende warb er Gelder für deren Unterstützung ein. Er war ein sehr selbstloser Mensch, was man, wenn man ganz ehrlich ist, wahrscheinlich nicht über sich selbst sagen kann.

Der zweite ist Nicolas Tesla, ein rumänischer Wissenschaftler, und visionärer Begründer der modernen Elektrotechnik und Hochfrequenztechnik. Letzten Endes basiert alles, mit dem wir hier unser Geld verdienen, auf seinen Studien.

Der Dritte ist Mahatma Gandhi, der gezeigt hat, dass man mit gewaltlosem Widerstand ein ganzes System verändern kann. Und wie wertvoll Frieden ist, wird durch das momentane weltweite Säbelrasseln aktueller denn je. Ich denke man muss sich bewusst machen, dass es ein großer Unterschied ist, ob man einen Krieg im Fernsehen verfolgt oder diesen am eigenen Leibe spürt. Da sollte man sich gut überlegen, ob Konflikte nicht anders zu lösen sind.

Sind Sie eher...

…Bewahrer oder Innovator?

Ich sehe mich eher als Innovator. Ich schaue einfach gerne über den Tellerrand, überlege wie man Dinge besser, anders, einfacher machen kann. Komplex kann fast jeder, aber in der Einfachheit stecken wahre Intelligenz und Know-how. Mir kommen auch ständig neue Ideen, wenn ich in der Firma unterwegs bin. Die Herausforderung ist dann, diese unter ökonomischen Aspekten zu betrachten. Denn nicht jede Idee rechnet sich am Ende auch.

… Anleger oder Sparer?

Ich sehe mich eher als Anleger, der bewusst und aktiv, mit einer gewissen Risikobereitschaft, investiert. Ich denke sowieso, dass nur eine bewusste Handlung am Ende auch Erfolg bringen kann. Sparen ist im Gegensatz dazu statisch und man ist abhängig vom Zinsgeber.

… Lokalpatriot oder Weltenbummler?

Von beidem etwas. Als Weltenbummler zieht es mich immer wieder hinaus, weil ich die Welt kennen lernen, die Gegensätze erleben und neue Inspirationen finden möchte. Aber dann freue ich mich auch wieder auf Zuhause. Und ich mache keinen Hehl daraus, dass ich gerne Deutscher bin. Wir sind vielleicht notorische Nörgler und Miesepeter, aber genau in diesen Eigenschaften liegt die Triebkraft für unsere großen Erfolge. Würden wir selbstzufrieden im Sessel sitzen, würden wir uns am Ende nicht weiter entwickeln. So wird das vermeintlich Negative zu etwas sehr Positivem.

Welches Thema verfolgen Sie aktuell in den Medien am intensivsten, weil es Sie persönlich beschäftigt?

Die Migrationskrise ist ein Thema. Auch weil sie zeigt, dass wir in Europa nicht in der Lage sind Konflikte im Schulterschluss zu lösen. Da werden wieder, obwohl die Situation sehr ernst ist, nationale Egoismen in den Vordergrund gestellt. Außerdem drängt sich in diesem Kontext die Frage auf: Wir hatten in der Vergangenheit Schwierigkeiten wesentlich kleinere Personengruppen zu integrieren. Wie kann es also jetzt im Großen klappen? Wie können wir es besser machen als bisher?

Das zweite große Thema ist der Handelskonflikt der Weltmächte, der uns als Export orientiertes Land natürlich schwer treffen kann. Insofern begrüße ich es, wenn Frau Merkel betont, dass Amerika weiterhin ein wichtiger wirtschaftlicher und politischer Partner sein wird – und der Dialog im Vordergrund steht. Ob und wie das letzten Endes mit einem Präsident Trump möglich ist, wird sich weisen. Aber ich denke: Trump ist Geschäftsmann. Er wird sich einem guten Geschäft auch nicht verschließen. Genauso wenig wie der Tatsache, dass deutsche Automobilhersteller in Amerika zu den großen Arbeitgebern zählen.

Stichwort New Work: Was verbinden Sie damit und was ist das für Sie konkret?

New Work ist ein interessanter Begriff. Ich habe ihn erst einmal gegoogelt, denn prinzipiell sind mir solche Schlagworte immer zu aufgeblasen. Und am Ende beschreiben sie oft doch nur einen Zustand, der schleichend längst Einzug gehalten hat. So findet New Work – insbesondere in Form von Flexibilisierung der Arbeit und der Verknüpfung mit dem Privaten – in unserem Unternehmen seit Jahren statt. Wir bieten beispielsweise Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Home-Office-Plätze, Elternzeit natürlich auch für Männer und generell eine Unternehmenskultur an, die auf persönliche Vorkommnisse Rücksicht nimmt. Das können wir bieten, weil wir eine sehr motivierte Mannschaft haben, die bei hoher Auftragsdichte ganz selbstverständlich auch länger und Samstags arbeitet. Natürlich gibt es auch Arbeitsplätze oder Branchen, die bestimmten Restriktionen unterliegen und nur ein bestimmtes Maß an Flexibilität erlauben. Und sie ist auch nicht für jeden Mitarbeiter geeignet, denn sie setzt eine gewisse Disziplin voraus. Nicht jeder hat diese.

Wie wird sich diese neue Arbeitswelt auf die Jobprofile auswirken?

Wie schon angesprochen, ist die Bereitschaft zu mehr Flexibilität wichtig. Speziell bei älteren Arbeitnehmern erleben wir immer wieder, dass sie lieber um halb sieben kommen und dann um drei Uhr gehen – unabhängig davon, ob der Kunde schon da ist. Das ist ein Auslaufmodell, das entspricht einfach nicht den aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Marktes.

Das zweite große Thema ist die ständige Bereitschaft zur Weiterbildung. Wir kennen viele Herausforderungen von morgen noch gar nicht, sodass die geistige Beweglichkeit des Mitarbeiters zukünftig selbstverständlich sein muss. Und wer diese nicht mitbringt, wird mit Sicherheit abgehängt. Das gilt für den Entwickler genauso wie für den Facharbeiter.

Und wegen des Themas Digitalisierung fällt sicherlich auch der ein oder andere Job weg. Wir haben bei uns im Einkauf wesentliche Bestellfunktionen softwaretechnisch abgebildet und automatisiert. Damit ist der Bereich bei unverändertem Volumen von vier Mitarbeitern auf zwei geschrumpft. Gleichzeitig werden, vor allem auch in Hinblick auf die Industrie 4.0, neue Jobs geschaffen – wenn zum Beispiel Datenwolken ausgewertet oder Maschinen intelligent programmiert werden müssen.

Wo sehen Sie unsere Sozialsysteme in 10 Jahren?

Ich bin da nicht ganz so pessimistisch wie viele meiner Kollegen, denn Sozialsysteme waren, sind und bleiben ein wichtiges Instrument, um den sozialen Frieden zu sichern. Allerdings müssen erhebliche Reformen greifen. Ich persönlich halte eine Rente ab 70 nicht für zielführend, denn man muss die Physis und Psyche der Menschen mit einkalkulieren. Es bringt niemandem etwas, wenn sich einer jahrelang zur Arbeit schleppt, aber absolut keine Motivation oder Kraft mehr hat. Ich halte es für sinnvoller, die Menschen selbst entscheiden zu lassen. Arbeit kann ja, vor allem auch im Alter, etwas Gutes sein. Es bietet ein soziales Umfeld, hält geistig fit, bringt ein weiterhin höheres Einkommen...

Womit wir bei dem wohl größten Reformthema wären: den Pensionen und Renten. Es muss auf jeden Fall sichergestellt werden, das die Menschen von der Alterssicherung und von den sozialen Systemen leben können. Denn es ist aus meiner Sicht eine der großen politischen Lebenslügen, dass beispielsweise ein Produktionsmitarbeiter mit zwei Kindern heute Rücklagen bilden kann, die dann im Rentenalter auch einer Null-Zins-Politik der EZB standhalten.

Älter werden ist für mich…

…toll. Man geht zum Beispiel nicht mehr ganz so aufgeregt durchs Leben wie als junger Mensch: Man kommt bei schwierigen Themen oder Situationen recht schnell auf den Boden der Tatsachen zurück und fängt an lösungsorientiert und weniger emotional zu handeln. Es macht sich also langsam eine gewisse Reife bemerkbar. Nicht immer, aber immer öfter.

Was schätzen Sie am Unternehmensstandort Reichenbach?

Wir können hier auf einen großen Pool qualifizierter Arbeitskräfte zugreifen – und das, obwohl wir uns in einem Ballungsraum mit auch sehr attraktiven Arbeitgebern befinden. Außerdem haben wir den Flughafen und die Autobahn vor der Tür – und gleichzeitig sieht unser Betriebsgelände wie ein großer Park aus. Ich persönlich empfinde das als sehr wertvoll.

Über das Unternehmen

Inductoheat Europe entwickelt, produziert und vertreibt Induktionserwärmungsanlagen für verschiedene industrielle Anwendungen. Beheimatet ist das Unternehmen in Reichenbach, 25 Kilometer südöstlich von Stuttgart. Inductoheat Europe beschäftigt rund 70 Mitarbeiter und gehört der weltweit tätigen Inductotherm-Gruppe an, mit insgesamt 4.000 Mitarbeitern.

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