Dr. Wolf: „Wir sind mit den letzten Tariferhöhungen komplett übers Ziel hinausgeschossen“

STUTTGART – Die Metallarbeitgeber in Baden-Württemberg sehen eine Gefährdung des Industrie- und Produktionsstandorts, sollte sich der starke Anstieg der Löhne in den nächsten Jahren fortsetzen.

„Was für die Beschäftigten zuletzt auch als echtes und erfreuliches Plus im Geldbeutel angekommen ist, hat umgekehrt für die Betriebe auch immer eine echte Kostenbelastung bedeutet“, sagte Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands SÜDWESTMETALL, am Donnerstag in Stuttgart: „Hier ist gerade in den letzten Jahren jedes Maß verloren gegangen. Wir steuern schnurstracks auf eine strukturelle Kostenkrise wie in den 90er Jahren zu.“

Im vergangenen Jahr waren die Reallöhne bundesweit aufgrund der niedrigen Inflation um satte 2,5 Prozent gestiegen. In der Metall- und Elektroindustrie lag das echte Lohnplus – wie auch schon in den Vorjahren – mit knapp 3,3 Prozent deutlich darüber. „Die Lohnrallye der letzten Jahre hat unserer Industrie einen regelrechten Kostenschock beschert. Allein seit der Krise 2008 sind die für die Wettbewerbsfähigkeit entscheidenden Lohnstückkosten um mehr als 17 Prozent in die Höhe geschnellt, während sie bei vielen Wettbewerbern nahezu konstant geblieben sind“, sagte Wolf: „Das geht mittelfristig an keinem Standort spurlos vorüber.“

Der SÜDWESTMETALL-Vorsitzende forderte die IG Metall auf, in der anstehenden Tarifrunde die wirtschaftlichen Realitäten anzuerkennen. Seit Jahren blähe die Gewerkschaft ihre Forderungen mit völlig überzogenen Erwartungen hinsichtlich Inflation und Produktivitätsplus auf – die dann aber in schöner Regelmäßigkeit bei weitem nicht eintreffen würden. „Allein in den letzten drei Tarifrunden seit 2012 hat die IG Metall einen angeblichen Verteilungsspielraum aus Inflation und Produktivität von mehr als 14 Prozent behauptet, tatsächlich war es nicht einmal die Hälfte“, kritisierte Wolf: „Abgeschlossen wurden dann insgesamt rund 14 Prozent – also rund doppelt so viel, wie es angeblich zu verteilen gab. Aufgrund des massiven Drucks der IG Metall sind wir vor allem in den letzten beiden Jahren komplett übers Ziel hinausgeschossen.“

Die Metallarbeitgeber können daher angesichts einer Forderungsempfehlung von 4,5 bis 5 Prozent keine „moderatere“ Haltung der IG Metall erkennen.  Angesichts der realen Rahmenbedingungen sei auch dieser Korridor maßlos. „Die IG Metall sollte zur Kenntnis nehmen, dass sich der Trend bei Inflation und Produktivität seit Jahren auf einem weit niedrigeren Niveau eingependelt hat“, sagte Wolf: „Es ist daher die völlig falsche Zeit für weitere Höhenflüge.“ Auch die Argumentation, mit kräftigen Lohnerhöhungen würde die Binnennachfrage und damit letztlich die gesamte Konjunktur gestützt, hält der SÜDWESTMETALL-Chef für komplett falsch: „Lohnerhöhungen verteuern grundsätzlich alle unsere Produkte. Der größte Teil davon geht jedoch ins Ausland und muss sich dort gegen den Wettbewerb behaupten. Es sind ja nicht die Beschäftigten mit ihren praller gefüllten Geldbeuteln, die unsere Maschinen und Komponenten kaufen.“

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