Dr. Wolf: „Arbeit scheint für den Gesetzgeber nur noch Verfügungsmasse für sozialpolitische Geschenke zu sein“

STUTTGART - Aus Sicht der Metallarbeitgeber in Baden-Württemberg ist die von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig geplante Familienarbeitszeit ein untaugliches Mittel, um strukturelle Unterschiede bei der Verteilung von Arbeitszeit zwischen Frauen und Männern zu beseitigen.

„Ein solches Gesetz hätte vielmehr negative Auswirkungen auf das Arbeitsvolumen in Branchen mit einem hohen Maß an Vollzeitbeschäftigung, wie etwa in unserer Industrie“, sagte Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, am Montag in Stuttgart.

Mit dem geplanten Familiengeld sollen Eltern finanziell belohnt werden, die sich Erwerbsarbeit in einem Korridor von 26 bis 36 Stunden gleichmäßig aufteilen. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag des Metallarbeitgeberdachverbands Gesamtmetall sind jedoch Erwerbstätige in der Metall- und Elektroindustrie (M+E) häufiger als in anderen Branchen vollzeitbeschäftigt und haben wiederum Partner, die häufiger nur teilzeitbeschäftigt sind. Nach den Berechnungen des Instituts könnten dadurch der M+E-Industrie ein Arbeitszeitvolumen von umgerechnet 110.000 Vollzeitäquivalenten und eine Wertschöpfung in Höhe von 7,5 Milliarden Euro jährlich verloren gehen.

„Auch wenn dieser schlimmste Fall kaum eintreten dürfte, wäre ein Gesetz mit einer solchen Stoßrichtung unverantwortlich angesichts wachsender Fachkräfteengpässe in unserer Industrie“, sagte Wolf: „Dem Metallbetrieb hilft es nicht, wenn ein Ingenieur seine Arbeitszeit von 35 auf 28 Stunden reduziert, seine Frau dafür in einer anderen Branche länger arbeitet.“ Zudem stehe in den Sternen, ob das zusätzliche Arbeitsvolumen, das dadurch in anderen Branchen entstehe, dort überhaupt benötigt werde. Durch die Verknappung der Arbeit in der M+E-Industrie drohten zudem die Löhne schneller zu steigen als in anderen Branchen. „Die Lohndifferenz zwischen den Branchen wird dadurch wachsen. Und da unsere Industrie einen sehr hohen Männeranteil hat, wäre den Frauen damit ebenfalls nicht gedient“, so Wolf.

Der Südwestmetall-Vorsitzende kritisierte weiter, dass damit ein weiter Anspruch für Arbeitnehmer geschaffen werden solle, die Arbeitszeit zu reduzieren. Dabei gebe es schon genügend solcher Ansprüche, etwa auf allgemeine Teilzeit, während der Elternzeit, der Pflegezeit und Familienpflegezeit, demnächst möglicherweise auch noch ein Recht auf befristete Teilzeit und ein Wahlarbeitszeitrecht: „Für den Gesetzgeber scheint Arbeit nur noch eine beliebige Verfügungsmasse für sozialpolitische Geschenke zu sein“, sagte Wolf: „Wer da noch die Arbeit leisten, die Kundenwünsche und Marktanforderungen bedienen soll, scheint nicht mehr von Interesse zu sein.“

Der Arbeitgebervertreter erinnerte daran, dass bessere Beschäftigungs- und Verdienstchancen von Frauen maßgeblich von zwei Faktoren abhängen: von einem veränderten Berufswahlverhalten, hin zu Berufen, in denen besser verdient werden könne, und von einer verlässlichen und hinreichend umfangreichen Kinderbetreuung. „Das wäre ein sinnvolleres Betätigungsfeld für die Politik, als durch immer neue Ansprüche und Arbeitnehmerrechte vor allem kleinere Betriebe vor schier unlösbare Herausforderungen zu stellen“, sagte Wolf: „Wenn die Politik die Betriebe überfordert, gefährdet sie damit langfristig Arbeitsplätze, was den Frauen letztlich genauso wenig hilft.“

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